Den meisten gilt die Raucherentwöhnung als wahrliche Herausforderung. Je ausgeprägter eine Nikotinsucht, desto höher - so würde man meinen - schließlich auch das Rückfallrisiko. Doch scheint mehr noch die jeweilige Herangehensweise, mit welcher man den Ausstieg wagt, einen Einfluss auf das Rückfallrisiko zu haben. Wie Hausärzte die Wirksamkeit verschiedener Methoden und Strategien einschätzen und wo sie folglich die höchsten Rückfallraten sichten, wurde nun in einer Befragung des Nikotin Instituts erhoben. Überraschend scheint dabei: Obwohl der Hausarzt oft die erste Anlaufstelle für eine Rauchentwöhnung ist, scheint es auch unter den Fachleuten Informationslücken zu geben, geht es um alternative Nikotinprodukte, ihre im Vergleich zur Zigarette wesentlich geringere Schädlichkeit und ihr Potenzial für einen gelingenden Rauchausstieg.
Gängige Methoden bei der Raucherentwöhnung
In der Praxis mit aufhörwilligen Rauchern gibt es mehrere angewandte Methoden, von welchen einige die Raucherentwöhnung maßgeblich erleichtern können. So gelten neben Produkten aus der Nikotinersatztherapie speziell entwickelte Medikamente als gängig, welche das Rauchverlangen und die Symptome bei einem Nikotinentzug eindämmen. Neben ebensolchen Ansätzen bilden aber auch der Kaltentzug und sogenannte alternative Nikotinprodukte eine Möglichkeit. Letztere zielen ebenso wie Nikotinersatzprodukte aus der Apotheke auf eine Linderung der Entzugssymptomatik ab.
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Nikotinersatzprodukte bei der Rauchentwöhnung
Konkret zählen zu den Produkten aus der Nikotinersatztherapie:
- Nikotinpflaster
- Nikotinkaugummis
- Nikotinlutschtabletten
- Nikotinnasensprays
In allen solchen Fällen wird Nikotin in einer im Vergleich zum Rauchen weniger schädlichen Form aufgenommen respektive substituiert.
Zu den häufigsten verschriebenen Medikamenten zählen Psychopharmaka - insbesondere solche aus der Gruppe der Antidepressiva, z.B. Bupropion und Nortriptylin.
Rauchentwöhnung mit alternativen Nikotinprodukten
Zu den alternativen Nikotinprodukten zählen:
- E Zigaretten
- Tabakerhitzer
- Nikotinbeutel und Snus
Auch hier wird Nikotin über eine verglichen zur Tabakzigarette risikoärmere Konsumquelle konsumiert respektive substituiert.
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Raucherentwöhnung durch Kaltentzug
Beim Kaltentzug wird der Rauchkonsum ohne spezielle Hilfsmittel eingestellt. Im Zuge dieser Methode wird folglich eine mögliche Entzugssymptomatik "ertragen". Auch wenn es ehemalige Raucher gibt, die mittels dieser Strategie erfolgreich waren, gilt der Kaltentzug sicherlich als die schwierigste Herangehensweise, um mit dem Rauchen aufzuhören.
Umfrage zu Raucherentwöhnung
Anlässlich des Weltnichtrauchertag am 31. Mai gab das Nikotin Institut Wien nun Einblicke in eine eigens finanzierte Umfrage mit 254 österreichischen Hausärzten im ersten Quartal 2025. Einerseits möchten die Ergebnisse der Befragung zeigen, welche der erwähnten Methoden von niedergelassenen Hausärzten ab häufigsten empfohlen werden. Andererseits wollen sie auch lichten, wie die Befragten die Wirksamkeit der jeweiligen Methoden und ein damit im Zusammenhang stehendes Rückfallrisiko einschätzen. Zudem zeigt sich, dass ein Gros der Fachleute eine intensivere Aufklärung über alternative Nikotinprodukte fordert.
Der Hausarzt als wichtige Adresse bei der Raucherentwöhnung
Dass Hausärzte hinsichtlich der Möglichkeiten, ihrer Wirksamkeit und des Rückfallrisikos von Raucherentwöhnungsstrategien im Bilde sein sollten, zeigen die Ergebnisse der Befragung insoweit, als 54 der befragten Hausärzte wöchentlich mehr als zehn Patientengespräche zur Tabakentwöhnung führen würden. Weitere 200 würden das Thema in bis zu zehn Gesprächen pro Woche ansprechen.
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Hausarztpraxen scheinen sohin als eine wichtige Anlaufstelle für aufhörwillige Raucher zu gelten. - © Bild: AdobeStock |
Welche Methoden zur Rauchentwöhnung Hausärzte empfehlen
Laut der Umfrage empfiehlt ein Gros der befragten Ärzte (konkret 149) Nikotinersatzprodukte aus der Apotheke. Für den Kaltentzug scheinen sich lediglich 65 Fachleute aussprechen zu können. Und bei den alternativen Nikotinprodukten fällt die Empfehlungsrate sogar noch geringer aus. So seien es hier 18, welche Nikotinbeutel empfehlen, 20, die sich für die E-Zigarette aussprechen, und 2 der Befragten, welche dem Tabakerhitzer ein Potenzial zusprechen können.
Welche Methode bei Rauchentwöhnung das höchste Rückfallrisiko birgt
Dass der Kaltentzug mit dem höchsten Rückfallrisiko einhergehe, darin scheint man sich einig. Dieser sei auch von jenen, die diese Methode empfehlen können, mehrheitlich als wenig erfolgsversprechend eingestuft. Überraschend wirkt hingegen, dass man für Nikotinersatzprodukte aus der Apotheke ein höheres Rückfallrisiko als für alternative Nikotinprodukte sieht.
Mehr Aufklärung für evidenzbasierte Raucherentwöhnungs-Beratung
Das Gros der befragten Ärzte soll laut Umfrage eine intensivere Aufklärung über alternative Nikotinprodukte fordern. Denn sei eine fundierte Informationslage entscheidend für eine evidenzbasierte und individuelle Patientenbefragung.
Hier merkt Univ.-Doz. Dr. med. Ernest Groman, wissenschaftlicher Leiter des Nikotin Instituts, an:
„Die Umfrage zeigt deutlich, dass Hausärzt:innen eine Schlüsselrolle bei der Raucherentwöhnung spielen. Sie benötigen jedoch mehr Wissen über neue, potenziell risikoärmere Produkte, um ihre Patient:innen wirksam unterstützen zu können.“
Informationslücken hemmen Raucherentwöhnung
Wenn nun eine mangelnde Informationslage zu(r) potenziell weniger schädlichen Zigaretten Alternative(n) vorherrscht und sohin weniger Fachleute ebendiese für eine Raucherentwöhnung empfehlen, so könnten solche Informationslücken eine gelingende Raucherentwöhnung tatsächlich hemmen, sowie Nikotinbeutel und Co. ihre Wirksamkeit beim Rauchausstieg haben und auch mit einem geringeren Rückfallrisiko wie bei andere Produkten einhergehen.
Dem merkt Groman an:
„Für Menschen, die nicht mit dem Rauchen aufhören können oder wollen, sind alternative Nikotinprodukte wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer oder tabakfreie Nikotinbeutel potenziell weniger schädliche Optionen. Diese können auch eine wichtige Brückenfunktion am Weg zur Abstinenz übernehmen.“
Außerdem darf man annehmen, dass ein breiteres Angebot an Hilfsmitteln wahrscheinlich auch mehr aufhörwillige Raucher ansprechen wird - und eventuell könnten so sogar Raucher zum Aufhören bewegt werden, welche ohne das zusätzliche Angebot gar nicht erst motiviert gewesen wären.
Raucherentwöhnung - was hilft wirklich?
Aus Sicht des deutschen Suchtforschers Prof. Dr. Heino Stöver scheint klar:
"Die aktuelle Diskussion rund um die Tabakprävention bleibt von alten Denkmustern geprägt, die nachweislich nicht zum Ziel führen. Statt auf evidenzbasierte Lösungen zu setzen, dominieren noch immer restriktive Ansätze und überholte Narrative. Die Fokussierung auf ein reines Abstinenzparadigma – nach dem Motto „quit or die“ – senkt die Raucherquote nicht nachhaltig. Vielmehr schreckt sie viele Betroffene ab und verhindert realistische Zugänge zum Ausstieg."
Stöver plädiert folglich für einen Paradigmenwechsel, der verhärtete, obsolete Lösungsansätze aufzubrechen erlaubt und den sogenannten Harm Reduction Ansatz auch für Tabak anerkennt.
Und dieser meint weiter, die gesellschaftliche Debatte sei weiterhin von Fehlannahmen und falschen Risikobewertungen geprägt. Es bestehe ein dringender Bedarf an faktenbasierter Aufklärung über die tatsächlichen Gefahren sowie differenzierte Ausstiegsoptionen.
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Schweden als Vorbild für risikoreduzierte Strategien
Was Schweden in den letzten Jahren leisten konnte, darüber scheinen sich beide Experten einig, gelte als Vorbild. Wie Groman betont, griffen dort etwa 50 Prozent der männlichen Nikotinkonsumenten auf rauchfreie Alternativen zurück. Als Folge sei die Lungenkrebsrate bei schwedischen Männern nur halb so hoch wie in Österreich. Dies sei sohin ein Beleg dafür, dass risikoärmere Alternativen einen echten Unterschied machen können – sowohl individuell als auch gesellschaftlich.
Die aktuelle Raucherquote in Schweden liegt laut Eurostat bei nahezu 5 Prozent. Ein Land, das diese Marke unterschreitet, gilt gemeinhin als rauchfrei. - © Bild: AdobeStock |
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Ergänzend pointiert Groman:
„Raucherinnen und Raucher haben ein Recht auf einfach verständliche Information zu den Risiken der unterschiedlichen Produkte sowie auf leistbare Alternativen zu Zigaretten.“
Ein niederschwelliger Zugang zu Nikotinersatzprodukten sowie ein mögliche risikobasierte Besteuerung sei dabei zu begrüßen.