Nikotinsucht - Alles was du wissen musst
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In diesem Artikel erfährst du, was man unter Nikotinsucht versteht, wieso Nikotinsucht und Nikotinabhängigkeit nicht exakt dasselbe sind und wieso Tabak nach wie vor vorrangig als Konsumquelle dieser Sucht gilt. Außerdem liest du, was der sogenannte Fagerström Test mit dem Thema zu tun hat und wie sich eine Zigarettensucht dauerhaft bekämpfen lässt.
Was ist Nikotinsucht?
Nikotinsucht bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach Erlebniszuständen, die in Verbindung mit dem Nikotinkonsum stehen, bedingt die Beschaffung von nikotinhaltigen Stoffen und setzt deren Konsum missbräuchlich. Dabei besteht eine verminderte Kontrolle über das Konsumverhalten mit schädlichen Folgen, wobei die Tendenz zu einer Dosissteigerung besteht.
Nikotinsucht versteht sich zudem als substanzgebundene Form einer Sucht, wobei vorrangig Tabak als nikotinhaltige Substanz gilt, welche Betroffene im Zuge ihres süchtigen Verhaltens schädlich gebrauchen, um die ersehnten Erlebniszustände wiederholt zu erreichen. Kernelemente der Tabaksucht sind durch den wiederholten Gebrauch auch eine psychische und physische Abhängigkeit, welche bei Wirkungsverlust ungestillt zu Entzugs-Erscheinungen führt. Bei Letzterem lassen sich klar abzugrenzende Entzugs-Symptome (psychische und physische) von einem (reinen) Verlangen unterscheiden, für welches vor allem das sogenannte Suchtgedächtnis verantwortlich zeichnet und welches oft im Sinne der psychischen Abhängigkeit von Tabak verstanden wird.
>> Mehr zu den Symptomen und der Rolle des Suchtgedächtnisses bei einer Tabaksucht liest du in: Nikotinentzug: Symptome, Dauer und Hilfe
Ist Nikotinabhängigkeit gleich Nikotinsucht?
Die beiden Begriffe werden alltagssprachlich zwar synonym verwendet, doch empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 1964 die vorrangige Verwendung von „Abhängigkeit“, wobei der ehemalige Suchtbegriff in der Fachwelt dadurch abgelöst wurde.*1
Doch wieso wurde der ehemalige Suchtbegriff vom fortan zu verwendenden Abhängigkeitsbegriff abgelöst und ging dadurch nicht eine wichtige Bedeutungseinheit verloren?
- Einerseits fand so eine schärfere terminologische Differenzierung Eingang in die Fachsprache – ehemals wurde unter Nikotinsucht nämlich gefasst, was sich heute mit den Begriffen „(missbräuchlich) schädlicher Gebrauch“ und „Abhängigkeit“ auseinanderziehen lässt. Sohin ging auch nichts verloren, sondern lässt sich heute bloß subtiler beschreiben.
- Andererseits konnte sich damit eine negative Konnotation von „Sucht“ vermeiden lassen, die zunehmend zu einer Stigmatisierung der Betroffen geführt hatte. Denn obwohl „Sucht“ vom mittelhochdeutschen „siechen“ herrührt und ein „krank sein“ bedeutet, war der Suchtbegriff bereits im 20 Jhd. stark negativ behaftet und lenkte das Verständnis schnell weg von der Krankheit hin zu einem sozial unerwünschten Anderssein. Dies auch deshalb, weil im ursprünglichen (medizinischen) Verständnis von Sucht – so beispielsweise im Falle von „Schwindsucht“, „Magersucht“ oder „Gelbsucht“ – das augenscheinliche Symptom oder Erscheinungsbild einer Krankheit bezeichnet wurde. Sowie dann im Falle von Substanzsüchten das eklatante „Symptom“ im Sinne eines missbräuchlichen Gebrauches der Substanz verstanden wurde, wird klar, wie dieser als sozial unerwünschtes „Brandmal“ Stigmatisierung befeuern konnte.
Der sozial unerwünschte (missbräuchliche) Gebrauch wird im seit 1969 gültigen Verständnis heute übrigens auch vom schädlichen Gebrauch*2 unterschieden, mit welchem Missbrauch im ICD-10 aktuell gefasst wird.
In jedem Fall soll die neue Terminologie die Bedeutung einer Krankheit im Sinne von Abhängigkeit unterstreichen und sprachliche Schärfe für den wissenschaftlichen-/fachlichen Diskurs schaffen.
Die Unterscheidung innerhalb der Fachsprache zeigt nun auf, dass Abhängigkeit und Sucht nicht exakt dasselbe sind und lichtet bis zu einem Grad, wie in der Alltagssprache Nikotinsucht für teils verschiedene Bedeutungen herangezogen werden kann. So könnte man sagen: Sucht kann alltagssprachlich als Überbegriff fungieren, mit welchem mindestens eine „Abhängigkeit“, ein „sozial unerwünschter missbräuchlicher Gebrauch“ und der „missbräuchlich schädliche Gebrauch“ bezeichnet werden können.
Ist Nikotinsucht gleich Tabaksucht?
Die WHO fasst Nikotinabhängigkeit heute im ICD-10 mit Tabakabhängigkeit, näher dem sogenannten „Abhängigkeitssyndrom (F17.2)“. Der missbräuchliche Gebrauch hingegen wird im Sinne von Nikotinabusus vorrangig mit dem „schädlichen Gebrauch von Tabak (F17.1)“ gefasst.*2
So gesehen scheinen Nikotinsucht und Tabaksucht synonym verwendet zu werden. Beziehungsweise scheint Tabak eine vorrangige Rolle zu spielen, geht es um die diagnostische Fassung einer Nikotinsucht im ICD-10.
Nikotinsucht vorrangig durch Tabak und Rauchen
Obwohl der Tabakkonsum in den letzten Jahrzehnten weltweit zurückgegangen ist*3, gilt Tabak nach wie vor als die verbreitetste nikotinhaltige Substanzquelle, durch welche sich eine Nikotinsucht bei Betroffenen manifestiert. Das Rauchen von Tabakzigaretten nimmt dabei klar eine Vorreiterrolle ein.
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Dies erklärt sich vor allem durch die lange Tradition und Geschichte, die ebendiese Konsumquelle/-Art im Gegensatz zu anderen nikotinhaltigen Alternativen genießt.
Weil also am weitesten verbreitet, nimmt der Tabakkonsum auch nach wie vor eine Vorreiterrolle ein, geht es um das Thema Nikotinsucht.
Nikotinsucht durch Tabak als gesellschaftliches Problem
Problematisch scheint eine Tabaksucht jedenfalls durch ihre schädlichen Folgen für Betroffene, deren Umfeld und die Gesellschaft. Erschreckend wirkt hier vor allem die mit dem Konsum von Tabak in Verbindung gebrachte hohe Sterblichkeitsrate. Aber auch konsumassoziierte ambulante Behandlungen und erhöhte Krankenstände wirken in gleich mehrere Richtungen belastend. Denn leidet dadurch maßgeblich das Gesundheits- & Sozialsystem und Arbeitgeber sehen sich mit Fehlzeiten konfrontiert, welche sich verhindern ließen.
Tabaksucht und Mortalität
Dass die Nikotinsucht durch Tabak, vorrangig die Zigarettensucht, als unweigerliches gesellschaftliches Problem gilt, zeig die mit Tabak in Verbindung gebrachte Mortalität. So seien es laut Zahlen von Statista weltweit jährlich über 7,6 Millionen Menschen, die an den Folgen des Rauchens sterben würden. Damit sei rund jeder siebte Todesfall auf direkte Folgen des Rauchens zurückzuführen und zusätzliche zwei Prozent entfielen auf die Folgen von Passivrauchen*4
>> Könnte dich an dieser Stelle auch interessieren: Tabakrichtlinie in der neuen EU-Kommission: Die Zukunft für Snus und Nikotinbeutel
Tabaksucht und erhöhte Krankenstände
Von der Kaufmännischen Krankenkasse(KKH) wurden kürzlich Zahlen zu konsumassoziierten Krankenständen veröffentlicht – und diese scheinen für Deutschland eine signifikant höhere Krankenstandquote für Berufstätige mit einer Tabaksucht auszuweisen.
>> Mehr dazu, liest du in: Tabakabhängigkeit in Deutschland: Jeder zwölfte Berufstätige betroffen
Nikotinsucht Symptome und der Fagerström Test
Die WHO hatte 1957, also noch bevor der Suchtbegriff – wie oben erwähnt – durch die differenzierteren Termini „Abhängigkeit“ und „schädlicher Gebrauch“ abgelöst wurde – folgende vier Kriterien für eine Nikotinsucht definiert:
- Unbezwingbares Verlangen zur Einnahme und Beschaffung des Mittels
- Tendenz zur Dosissteigerung
- Psychische und meist auch physische Abhängigkeit von der Substanzwirkung
- Schädlichkeit für den Einzelnen und/oder die Gesellschaft*5
Wenn man im heute gültigen Verständnis von „Symptomen“ reden möchte, gilt wie erwähnt eine differenziertere Betrachtung, die lt. ICD-10 mit der diagnostischen Kennzahl F17.2 (Abhängigkeitssyndrom) oder F17.1(Schädlicher Gebrauch) gefasst wird.
In jedem Fall gilt der sogenannte Fagerström Test heute als eine weltweit etablierte Methode, mit welcher sich das Ausmaß einer Nikotinabhängigkeit bestimmen lässt. Darin werden relevante Suchtkriterien für eine Zigarettensucht in Form von strukturierten Fragen und Antwort-Möglichkeiten konkretisiert. Im Durchgang des Fragekataloges werden so für die jeweilig ausgewählten Antworten Punkte vergeben, die schließlich einem Gesamt-Punkte-Score folgend den Abhängigkeits-Grad (vier Abhängigkeits-Stufen) bestimmen lassen.*7
Nikotinsucht bekämpfen
Wer seine Nikotinsucht bekämpfen möchte, sollte multidimensional denken und sich die jeweiligen einen „missbräuchlich schädlichen-Gebrauch“ begünstigenden Faktoren, wie sie auf mehreren Ebenen wirksam werden, bewusst machen. Was das sogenannte Biopsychosoziale Modell damit zu tun hat und wie verschiedene Behandlungsmöglichkeiten hier auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen, liest du:
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Auch scheint es hilfreich, sich den Teufelskreis einer Abhängigkeit zu vergegenwärtigen – mehr dazu, findest du:
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Tabakfreie Nikotinbeutel als Hilfe gegen Zigarettensucht
Beim Ausstieg aus der Zigarettensucht bieten tabakfreie Nikotinbeutel jedenfalls eine Chance, die selbst in der praktischen Arbeit von Raucher-Entwöhnungs-Programmen immer mehr Anklang findet.
>> Wieso dem so ist, liest du in: Nikotinbeutel als Zigaretten Alternative – Aufklärung könnte Rauchstopp fördern
Und ganz besonders geeignet scheinen hier:
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*1 Vgl.: https://www.blaues-kreuz-muenchen.de/sites/default/files/download/suchtforschung_auf_neuen_wegen.pdf
*2 Vgl.: https://www.icd-code.de/icd/code/F17.-.html und: https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-who/kode-suche/htmlamtl2019/block-f10-f19.htm
*3 Vgl.: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1167833/umfrage/tabakkonsumenten-weltweit-nach-who-region/
*4 Vgl.: https://de.statista.com/themen/150/rauchen/#topicOverview
*5 Vgl.: https://www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung/suchtberatung/haeufiggestelltefragen/166903
*7 Vgl.: https://www.uni-wuerzburg.de/fileadmin/32500600/fagerstroemtest.pdf
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